Neuigkeiten für Stiftungen: Die Stiftungsrechtsreform im Überblick

1. Neues Stiftungsrecht

Die Änderungen des Stiftungsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch treten am 1. Juli 2023 in Kraft. Das Stiftungsrecht wird nunmehr für rechtsfähige Stiftungen bundeseinheitlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Die bisher bestehenden Rechtsunterschiede der Landesstiftungsgesetze werden damit abgelöst. Es steht zu erwarten, dass die Vereinheitlichung zu mehr Rechtssicherheit und zu einer größeren Einheitlichkeit der Rechtsanwendung im Stiftungsrecht über das Bundesgebiet beiträgt.

2. Öffentliches Stiftungsregister ab 2026

Zum 01.01.2026 wird ein elektronisches Stiftungsregister eingeführt, das zentral vom Bundesamt für Justiz geführt wird und in dem sich alle Stiftungen bis spätestens 31.12.2026 anmelden müssen. Dabei müssen nicht nur die Vorstandsmitglieder und besonderen Vertreter samt Vertretungsmacht angeben, sondern auch die Dokumente über die Bestellung und die Satzung beigefügt werden.

3. Stiftungsvermögen

Das Stiftungsvermögen wird von Gesetzes wegen in dauerhaft zu erhaltendes Grundstockvermögen und sonstiges Vermögen unterteilt. Zum Grundstockvermögen gehört das Vermögen, das der Stifter im Stiftungsgeschäft zur Erfüllung des von ihm vorgesehenen Stiftungszweck widmet und Zustiftungen (das der Stiftung zugewendete Vermögen), das vom Zuwendenden dazu bestimmt wurde, Teil des Grundstockvermögens zu werden. Der Grundsatz der Kapitalerhaltung bezieht sich nur auf das Grundstockvermögen, nicht auf das sonstige Vermögen. Der Grundsatz der Kapitalerhaltung in § 83c Abs. 1 BGB n.F. bedeutet das grundsätzliche Verbot, Grundstockvermögen für die Erfüllung des Satzungszweckes zu verbrauchen und die Verpflichtung der Stiftungsorgane, das Vermögen als Mittel zur Erfüllung des Stiftungszwecks so zu verwalten, dass die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks durch die Nutzung aus dem Vermögen gegenwärtig und langfristig gewährleistet ist. Konkrete Anforderung an Erhalt und Verwaltung des Grundstockvermögens müssen für die jeweilige Stiftung ausgehend von dem ausdrücklichen und gegebenenfalls mutmaßlichen Stifterwillen ermittelt werden.

4. Verwendung von Umschichtungsgewinnen

Erfreulich ist die gesetzliche Klarstellung, dass Zuwächse aus der Umschichtung von Grundstockvermögen – sogenannte Umschichtungsgewinne – zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden können. Anders als noch im Regierungsentwurf vorgesehen, gilt dies in der jetzt Gesetz gewordenen Fassung immer, wenn es nicht in der Stiftungssatzung ausdrücklich ausgeschlossen wird oder die Erhaltung des Grundstockvermögens nicht gesichert ist. Die Verwendung von Umschichtungsgewinnen für Projekte der Stiftung ist also auch dann möglich, wenn die Satzung dazu nichts aussagt.

5. Verbrauchsstiftung

Unter bestimmten Voraussetzungen ist es einer Ewigkeitsstiftung möglich, sich in eine Verbrauchsstiftung umzuwandeln, wobei in diesem Zuge zugleich auch die besonderen Satzungsanforderungen an eine Verbrauchsstiftung nach § 81 Abs. 2 BGB n.F. umgesetzt werden müssen.

6. Organhaftung

Neben den bislang geltenden Grundsätzen wird ergänzend die „Business Judgement Rule“ gemäß § 84a Abs. 2 Satz 2 BGB n.F. eingeführt. Danach liegt eine Pflichtverletzung der Organe nicht vor, wenn das Mitglied des Organs bei der Geschäftsführung unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln. Entscheidende Voraussetzung der Inanspruchnahme des Haftungsprivilegs der „Business Judgement Rule“ ist eine angemessene Informationsbeschaffung und Ausweitung durch:

  • Beachtung der Vorgaben in Satzung, Geschäftsordnung Anlagerichtlinien
  • Prüfung eventueller Handlungsalternativen
  • Beschaffung von Informationen aus verschiedenen Quellen
  • Abwägung der Vor- und Nachteile (Kosten-/Nutzungsrelation)
  • Gegebenenfalls Einholung von Expertenrat
  • Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen und der Entscheidungsgründe.
 
Insbesondere bei der Vermögensanlage kann sich das zuständige Stiftungsorgan, wie bei anderen Geschäftsführerentscheidungen, auf die sogenannte „Business Judgement Rule“ berufen. In diesem Zusammenhang wird in der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass keine gesetzlichen Verbote für bestimmte Anlageformen in der Stiftung vorgesehen sind. Inwieweit bestimmte Anlagen, wie zum Beispiel bestimmte Aktien oder Anteile an bestimmten Investmentfonds, für eine konkrete Stiftung geeignet sind, ist regelmäßig eine Einzelfallentscheidung, soweit keine Bindung durch Satzungsbestimmungen und Anlagerichtlinien besteht.

7. Strukturänderungen

Strukturänderungen wie die Änderung von Satzung, die Fusion und die Auflösung von Stiftungen werden künftig erleichtert werden. Stiftungen mit kleinem Vermögen, die sich wegen der schlechten Ertragslage wirtschaftlich neu orientieren müssen, werden deutlich leichter die Möglichkeit erhalten, die Stiftungsmittel gänzlich zu verwenden oder sich mit anderen Stiftungen zusammenzulegen.

8. Handlungsbedarf für bestehende Stiftungen

Aufgrund der umfangreichen Regelungen, insbesondere hinsichtlich der Stiftungsorgane, zur Vermögensanlage und zu Strukturänderungen, sollten bestehende Stiftungen ihre Stiftungssatzungen auf einen möglichen Anpassungsbedarf hin überprüfen. Vor dem Inkrafttreten der Reform zum 1. Juli 2023 sollten bestehende Stiftungen die Zeit nutzen, ihre Satzung an das neue Recht anzupassen.